Petra Tschudin discusses her role as a new member of the Swiss National Bank’s board, emphasizing her familiarity with the organization and the shift in responsibility she now faces. She reflects on the continuity of decision-making processes despite changes in leadership and notes that while styles evolve over time, the core mission of maintaining price stability remains unchanged. Tschudin also addresses the convergence of monetary policy approaches between different central banks, highlighting a broad analytical framework at the SNB.
Einblick in die Rolle von Petra Tschudin bei der SNB
Frau Tschudin, seit Oktober sind Sie Mitglied des dreiköpfigen Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Was hat Sie in dieser Position bisher am meisten überrascht?
Tatsächlich nichts. Ich bin schon lange bei der SNB. Als Stellvertreterin des damaligen SNB-Präsidenten Thomas Jordan habe ich an vielen Sitzungen teilgenommen. Ich kannte die Strukturen und Abläufe bereits gut. Im Direktorium verstehen wir uns persönlich sehr gut, was eine solide Basis für fachliche Diskussionen auf Augenhöhe und die besten Entscheidungen schafft.
Sie tragen jedoch nun mehr Verantwortung.
Das ist richtig. Früher war ich oft nur in die Diskussionen eingebunden; jetzt treffe ich aktiv Entscheidungen. Man muss tief durchatmen und sich sagen: Wow, jetzt wird es ernst. Neu ist nicht die Aufgabe selbst, sondern das Bewusstsein, mehr Verantwortung zu tragen.
Änderungen im Direktorium und Einfluss der Generationen
Wie unterscheidet sich das neue Direktorium unter Martin Schlegel als Präsident im Vergleich zur Ära von Thomas Jordan?
Die Aufgaben, Instrumente und Prozesse bleiben unverändert. Es ist nicht so, dass nur wir drei die Geldpolitik bestimmen. Öffentlich sieht man vor allem das Gesicht des Präsidenten und vielleicht die beiden anderen Mitglieder des Direktoriums. Hinter uns stehen jedoch letztendlich etwa 1000 SNB-Mitarbeiter.
Handelt es sich also nur um einen Generationenwechsel, ohne Veränderungen in Kultur oder Stil?
Natürlich ändert sich der Stil mit der Zeit. Als ich 2004 bei der SNB anfing, wurde fast ausschließlich formell angesprochen. Heute ist das anders. Dies spiegelt vor allem den gesellschaftlichen Wandel wider und hängt nicht stark von einzelnen Personen ab.
Formell ist das Direktorium der SNB eine Kollegialbehörde mit drei gleichberechtigten Mitgliedern. Gab es unter Jordan oft den Eindruck, dass er etwas mehr Einfluss hatte als die anderen?
Egal ob mit oder ohne Thomas Jordan: Die Praxis, dass das Direktorium seine Entscheidungen im Konsens trifft und diskutiert, bis alle zustimmen, hat sich nicht geändert. Das war schon immer so und bleibt so.
Gab es also niemals Situationen, in denen zwei gegen eins entschieden haben?
In allen Entscheidungen, an denen ich beteiligt war, gab es letztendlich immer einen Konsens. Und ich war an vielen Entscheidungen beteiligt.
Von außen gibt es den Eindruck, dass der geldpolitische Mainstream zunehmend anglo-sächsisch und expansiv geworden ist. Hat sich das mit dem Aufkommen jüngerer Generationen verstärkt?
Das Denken über wirtschaftliche Zusammenhänge entwickelt sich ständig weiter, ebenso wie das Wissen in der Wissenschaft und bei anderen Zentralbanken. Dennoch bleibt die Preisstabilität die wichtigste Aufgabe der Geldpolitik, unabhängig vom Alter der Volkswirte.
Früher standen die Deutsche Bundesbank und die SNB für eine klare Stabilitätskultur, während die anglo-sächsischen Zentralbanken pragmatischer und weniger regelorientiert agierten. Gilt das heute noch?
Die beiden Pole sind näher zusammen gerückt. Heutzutage streben alle nach Preisstabilität. Daher sehe ich keine grundlegenden Unterschiede in der Stabilitätskultur. Allgemein ist die SNB breit aufgestellt in ihren Analysen und stützt ihre Entscheidungen nicht auf ein einzelnes Modell einer bestimmten Denkschule. Wir betrachten stets verschiedene Modelle, um einen umfassenden Blick zu gewährleisten. Wir sind in dieser Hinsicht nicht dogmatisch und halten uns nicht zwingend an Modelle.