Javier Milei: A Challenge for Brazilian Diplomacy at the G-20 Summit

At the G-20 summit, tensions were palpable between Argentine President Javier Milei and Brazilian President Luiz Inácio Lula da Silva, reflecting their strained relationship. Milei, who previously insulted Lula, initially threatened to disrupt the summit by refusing to sign the concluding declaration. However, he later agreed to sign it, albeit while expressing his disagreements, particularly regarding state intervention in combating hunger and poverty. This clash underscores the ideological divide between the two leaders, complicating regional cooperation.

Ein frostiger Empfang beim G-20-Gipfel

Der Empfang war alles andere als herzlich: Als der argentinische Präsident Javier Milei beim G-20-Gipfel den Gastgeberpräsidenten Luiz Inácio Lula da Silva als einer der letzten Staatsgäste begrüßte, war beiden deutlich anzumerken, wie wenig sie voneinander halten. Die herabgezogenen Mundwinkel der beiden Staatsoberhäupter in dem offiziellen Foto verbreiteten sich rasch in den sozialen Netzwerken – der Unterschied zu den anderen Staatsgästen, die allesamt mehr oder weniger lächelnd mit Lula posierten, fiel sofort ins Auge. Milei ist mittlerweile seit fast einem Jahr im Amt, hat aber noch nie seinen brasilianischen Amtskollegen Lula persönlich getroffen. Brasilien gilt als Argentiniens wichtigster politischer und wirtschaftlicher Partner in Lateinamerika. Die Tatsache, dass Milei Lula während des Wahlkampfs als “Kommunisten” und “Dieb” beleidigte und nicht bereit war, davon abzurücken, trug nicht gerade zu einer guten Zusammenarbeit bei.

Konfrontation statt Kooperation

In Rio de Janeiro nahm Milei sofort einen konfrontativen Kurs ein: Der argentinische Präsident drohte damit, den G-20-Gipfel, das wichtigste Meeting in Lulas dritter Amtszeit, zu gefährden. Er lehnte es ab, die bereits ein Jahr vorbereitete Abschlusserklärung des Gipfels zu unterzeichnen. Milei unterstützte weder die Allianz gegen Hunger, die Förderung von Frauen, die Gleichstellung der Geschlechter, Maßnahmen für den Übergang zur erneuerbaren Energie noch die Steuer auf die Superreichen. Aus diplomatischen Kreisen war zu hören, dass die argentinische Delegation plötzlich nicht mehr bereit war, die seit Wochen ausgehandelten Kompromisse zu unterstützen.

Dies spiegelt sich in der neuen Außenpolitik Argentiniens wider, die Milei in den letzten Wochen radikal verändert hat. Vor wenigen Wochen entließ er seine Außenministerin Diana Mondino, die im UN-Generalversammlung für die Aufhebung des US-Handelsembargos gegen Kuba gestimmt hatte – ebenso wie ihre Vorgänger es dutzende Male zuvor getan hatten. Milei, der eine harte Linie gegen die kubanische Diktatur fahren möchte, bestrafte Mondino für ihr traditionelles Abstimmungsverhalten. Anschließend ernannte er Alec Oxenford, einen argentinischen Startup-Unternehmer ohne diplomatische Erfahrung, zu Argentiniens Botschafter in den USA.

Letzte Woche zog Milei unerwartet die argentinische Delegation vom Klimagipfel in Baku zurück. In Buenos Aires äußerte er, dass er an der Existenz des menschengemachten Klimawandels zweifle. Dies sei eine Lüge, die darauf abziele, die Freiheit der Menschen einzuschränken. Zuvor hatte er die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklungsziele als “sozialistisches Diktat” verurteilt, an dem Argentina unter seiner Präsidentschaft nicht teilnehmen werde.

Am vergangenen Wochenende reiste Milei nach Florida, um an einer Gala zu Ehren von Donald Trump teilzunehmen. Milei war der erste ausländische Staatschef, der Trump nach seinem Wahlsieg traf. In einer Rede lobte Milei sein Vorbild und sprach von “dem größten politischen Comeback in der Geschichte.” In Brasilien machte man sich Sorgen, dass Milei nun als eine Art selbsternannter Vertreter Trumps agieren würde, was dessen isolationistische Tendenzen vorwegnahm. In Rio wurde am Montag gemunkelt, dass es von Milei persönlich abhänge, ob er den Gipfel mit seinem Alleingang gefährden würde.

Abschlusserklärungen von Gipfeln gelten als gescheitert, wenn sie nicht einstimmig angenommen werden. Ähnlich wie Trump während seiner ersten Amtszeit oft eine spezielle Klausel zu Gipfelerklärungen hinzufügte, die im Gipfel-Jargon als 19+1 bezeichnet wird.

Doch am späten Nachmittag kam es zu einer überraschenden Wendung. Milei erklärte sich bereit, die Abschlusserklärung zu unterzeichnen. Diese besagt unter anderem, dass die G-20-Staaten künftig auf eine effektive Besteuerung der Superreichen hinarbeiten wollen. Zudem bekräftigen sie das international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der UN-Sicherheitsrat soll reformiert werden, um repräsentativer, inklusiver, effizienter und demokratischer zu werden. Des Weiteren wird eine globale Allianz gegen Hunger und Armut ins Leben gerufen.

In einer Rede erläuterte Milei jedoch auch die Punkte, mit denen er nicht einverstanden ist. Im Mittelpunkt stand die von Brasilien initiierte Allianz gegen Hunger und Armut, die bereits von mehr als 80 Ländern unterstützt wird und innerhalb von sechs Jahren Verbesserungen für 500 Millionen arme Menschen weltweit anstrebt.

Milei hingegen erklärte, dass staatliche Eingriffe ineffizient seien und der freie Markt die beste Lösung im Kampf gegen Hunger und Armut darstelle. “Jedes Mal, wenn versucht wurde, Hunger und Armut durch eine stärkere Präsenz des Staates in der Wirtschaft zu bekämpfen, war das Ergebnis die Emigration von Menschen und Kapital sowie der Tod von Millionen von Menschen,” kritisierte er diesen Ansatz.

Wie groß die ideologische Kluft zwischen Milei und Lula ist, wurde deutlich, als der Brasilianer sein Projekt verteidigte. Lula, der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, sagte, es sei ein Fehler, die Exzesse der Privatisierung und die Entwicklung hin zu einem Minimalstaat nicht zu korrigieren. Er kritisierte, dass die G-20 bei ihrer Gründung während der Finanzkrise 2008 beschlossen habe, den privaten Sektor zu retten, anstatt den Staat zu stärken. Neoliberale Globalisierung sei gescheitert, so Lula.

Angesichts der schwierigen Suche nach Kompromissen beim G-20-Gipfel bleibt die Frage, wie die beiden wichtigsten Staatsoberhäupter der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur in diesem Jahr zu einer Einigung mit der EU und EFTA kommen wollen.

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