Georgia Halts EU Negotiations, Sparking Fresh Protests

Georgia’s ruling party, Georgian Dream, has unexpectedly rejected accelerated EU integration, with Prime Minister Irakli Kobakhidze announcing no discussions will occur until 2028. This decision sparked protests across Tbilisi and other cities, as citizens express disappointment over perceived betrayal of their European aspirations. Security forces responded with force against demonstrators, leading to injuries and arrests. The situation reflects growing tensions between Georgia and the EU, with concerns about increased Russian influence over the country.

Georgien wendet sich von der EU ab

Die georgische Regierungspartei, die Geogische Traum, hat am Donnerstagabend eine schnellere Annäherung an die Europäische Union abgelehnt. Premierminister Irakli Kobakhidze kündigte überraschend an, dass Georgien bis Ende 2028 keine Gespräche über eine Integration in die EU führen werde und auch auf die entsprechenden Haushaltsmittel verzichten würde. Stattdessen plant die Regierung, das Land eigenständig auf eine EU-Mitgliedschaft vorzubereiten, die für das Jahr 2030 angestrebt wird.

Proteste in Tbilisi und anderen Städten

Georgien ist ein stolzes Land, das historisch zu Europa gehört. Allerdings müssen die Beziehungen zur EU von beiden Seiten gepflegt werden, was laut Kobakhidze nicht geschieht. Der Premierminister kritisierte das Europäische Parlament scharf, das seiner Meinung nach Lügen über Georgien verbreitet und das Land beleidigt, was eine Schande für die EU darstellt. Um zu verhindern, dass das georgische Volk erpresst wird, sei man bereit, die nächsten vier Jahre abzuwarten.

Die Ankündigung von Kobakhidze kam in einer bereits aufgeheizten Stimmung nach den umstrittenen Parlamentswahlen Ende Oktober. Sofort riefen Aktivisten zu Protesten auf, da sie die Entscheidung der Regierung, die von dem einflussreichen Bidzina Ivanishvili unterstützt wird, als Zerschlagung ihrer Träume von einer europäischen Zukunft betrachten. Tausende, darunter viele junge Demonstranten, versammelten sich am Donnerstagabend in der Hauptstadt Tbilisi sowie in anderen größeren Städten zu Protestkundgebungen. Während der Protest gegen die Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbeit in der Woche zuvor nicht an Fahrt gewonnen hatte, war die Wut und Enttäuschung über die Regierung nun deutlich auf den Straßen spürbar.

Die Präsidentin Salome Zurabishvili, die bald zurücktreten muss, schloss sich den Demonstranten an. Sie ist sich klar darüber, dass Georgien mit der Entscheidung der Regierung definitiv in den Einflussbereich Russlands strebt. In Tbilisi herrschte bis in die frühen Morgenstunden ein Ausnahmezustand, wie zahlreiche Berichte lokaler Medien und Telegram-Kanäle belegen, unterstützt durch Bilder und Videoaufnahmen.

Die Sicherheitskräfte setzten alle zur Verfügung stehenden Mittel gegen die Demonstranten ein, darunter Schlagstöcke, Tränengas und Wasserkanonen. Berichten zufolge wurden in einigen Fällen auch Gummigeschosse eingesetzt, um die Protestierenden von der zentralen Rustaveli-Boulevard und den umliegenden Straßen zu vertreiben. Die Demonstranten vermuteten, dass das Wasser mit Pfeffer oder chemischen Substanzen versetzt war.

Einige der Protestierenden versuchten während der Nacht wiederholt, Barrikaden aus brennenden Abfallcontainern zu errichten. Die Sicherheitskräfte schreckten nicht vor brutaler physischer Gewalt zurück, insbesondere bei Festnahmen. Am Morgen berichtete die Polizei von 43 Festnahmen und 32 verletzten Beamten. Informationen über verletzte Demonstranten gab es keine. Auch Journalisten und Oppositionspolitiker wurden von den Sicherheitskräften angegriffen und teilweise verletzt.

Am Freitag blieben verschiedene Universitäten aus Protest geschlossen. Am Abend versammelten sich erneut mehrere Tausend Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude im Stadtzentrum. Kurz vor Mitternacht setzten die Polizei erneut Wasserkanonen und Tränengas gegen die zahlreichen Protestierenden ein und nahmen viele von ihnen fest. Zuvor hatten sie die Demonstranten aufgefordert, sich zurückzuziehen und von Gewalt abzusehen.

Die Einstellung der Beitrittsgespräche mit der EU wird von der georgischen Opposition und der Protestbewegung, die hauptsächlich aus jüngeren Aktivisten besteht, als eindeutiger Beweis dafür angesehen, dass die Regierungspartei Geogische Traum die Bevölkerung getäuscht hat. Während des Wahlkampfs trat die Partei mit europäischen Symbolen auf und Ivanishvili hatte versichert, dass das Ziel die Integration in die EU sei, was von rund 80 Prozent der Bevölkerung gewünscht wird.

Viele Beobachter erinnern sich an den Euromaidan in Kiew vor elf Jahren, der eine Reaktion auf die Enttäuschung über die Ablehnung der Annäherung der Ukraine an die EU war. Anders als der damalige ukrainische Präsident Yanukovych werden Ivanishvili, Kobakhidze und ihre Verbündeten alles daran setzen, die Oberhand über die Protestierenden zu behalten – durch Gewalt und repressive Maßnahmen. Innerhalb des Staatsapparates formiert sich Widerstand gegen die Entscheidung der Regierung. Dutzende von Diplomaten, Richtern und Mitarbeitern der Ministerien für Bildung, Justiz und Verteidigung haben sich Protestbriefen angeschlossen.

Die Regierungspartei sieht keinen Widerspruch zu dem verfassungsmäßig verankerten politischen Versprechen einer EU-Mitgliedschaft. Georgien werde die Verpflichtungen aus dem EU-Assoziierungsabkommen bis 2028 erfüllen. Bis 2030 werde Georgien das bestvorbereitete Land unter den Beitrittskandidaten für die Mitgliedschaft sein, schrieb Mamuka Mdinaradze, der Fraktionsvorsitzende der Regierungspartei. Man verzichte lediglich bis Ende 2028 auf die Beitrittsgespräche. Ein solches Vorgehen ist jedoch im EU-Beitrittsprozess nicht vorgesehen.

Paradoxerweise hatte die EU den Beitrittsprozess aufgrund zahlreicher überzeugender Beweise für Manipulationen bei den Parlamentswahlen vorübergehend ausgesetzt und auch Mittel zurückgehalten. Das autoritäre Verhalten der georgischen Führung, ihre teils scharfe antiwestliche Rhetorik sowie die Gesetze zur Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen und gegen „LGBT-Propaganda“ hatten bereits seit einiger Zeit zu einer Kluft zwischen Georgien und seinen westlichen Partnern geführt. Tausende hatten im Frühjahr aus Angst, die EU-Perspektive zu verlieren, auf die Straßen gegangen.

Eine Resolution des Europäischen Parlaments, die neue Wahlen unter internationaler Aufsicht forderte, dürfte als letzter Anstoß für die trotzig reagierenden Tiflis gedient haben. Die Geogische Traum möchte die Vorwürfe aus Brüssel nicht mehr hören. Am Freitag kritisierte Premierminister Kobakhidze scharf die Botschafter europäischer Staaten, die negativ über die Entscheidung gesprochen hatten. Angesichts der Stärkung von zentrifugalen, nationalistischen und eigennützigen Strömungen in der EU hofft die Partei, eines Tages auf eine weniger bevormundende EU zu treffen. Möglicherweise hören sie jedoch auch die Sirenengesänge aus Moskau, wo der Kreml Georgien mit offenen Armen in seine Sicherheits- und Wirtschaftspolitikstrukturen aufnehmen würde.

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