Seglers im Southern Ocean stehen vor erheblichen Herausforderungen während der Vendée Globe. Boris Herrmann kämpft mit technischen Problemen, während das führende Duo Charlie Dalin und Sébastien Simon in ein gefährliches Tiefdruckgebiet segeln. Experten warnen vor extremen Bedingungen, darunter starke Winde und hohe Wellen, die das Überleben in den Vordergrund stellen. Zudem müssen die Teilnehmer Exklusionszonen meiden, die zum Schutz der Biodiversität eingerichtet wurden. Herrmann hat noch Chancen, da erst 30 Prozent des Rennens absolviert sind.
Die Herausforderungen im Southern Ocean
Die Segler der Vendée Globe steuern auf eine möglicherweise entscheidende Phase im Southern Ocean zu. NDR-Experte Tim Kröger warnt vor Gefahren, die dem führenden Duo drohen, und gibt Boris Herrmann noch nicht auf.
Technische Schwierigkeiten und extreme Bedingungen
Für Boris Herrmann war es – wie schon so oft – eine anstrengende Nacht in der Vendée Globe. Der Hamburger Skipper musste die Foil-Box seiner Malizia reparieren. Mit einer gewissen Kreativität konnte er das Problem vorübergehend lösen, doch die Reparatur war äußerst ermüdend. Aufgrund seiner Erschöpfung musste Herrmann seine virtuelle Teilnahme am NDR-Talk am Mittwoch absagen.
Nach dreieinhalb Wochen auf See häufen sich die technischen Probleme im spektakulären Solo-Rundfahrt-Event. “Die Boote beginnen auseinanderzufallen”, bemerkte Kröger am Mittwoch. In den kommenden Tagen könnten einige Segler, die extremen Bedingungen ausgesetzt sind, viel schlimmeres erleben als Herrmann.
“Diese sind die unfreundlichsten Ecken der Welt, wo sowohl Mensch als auch Material stark belastet werden. Es ist gigantisch und wirklich hart”, betonte Kröger: “Dort ist alles grau: das Wasser, der Himmel – und der Albatros, der manchmal vorbeifliegt.”
Besonders kritisch könnte es für das führende Duo Charlie Dalin und Sébastien Simon werden, die sehr weit nach Süden segeln und direkt in ein Tiefdruckgebiet steuern, während andere rechtzeitig nach Norden drehen konnten. Diese Route ist zwar länger, aber auch sanfter für Mensch und Material. “Dalin und Simon könnten von dem Tiefdruckgebiet verschluckt werden. Die Nacht von Freitag auf Samstag könnte gruselig werden”, prophezeite Kröger.
Die zehnte Auflage des spektakulären Solo-Rundfahrt-Events ist im Gange. Der Hamburger Boris Herrmann nimmt zum zweiten Mal teil. Alle wichtigen Informationen über das Rennen gibt es im Live-Blog.
Im schlimmsten Fall erwarten die beiden Franzosen Windgeschwindigkeiten von bis zu 60 Knoten und Wellen von zehn Metern Höhe. “Das sind Bedingungen, bei denen es nicht mehr um das Rennen geht, sondern primär um das Überleben”, betonte Kröger. Dalin und Simon können nur hoffen, dass es nicht so schlimm wird; eine Kursänderung ist ausgeschlossen. “Sie haben keine Optionen mehr, um nach Norden zu drehen und müssen es einfach durchstehen”, sagte Kröger.
Eine weitere Herausforderung sind die Exklusionszonen, die während der Vendée Globe vermieden werden müssen. Es gibt verschiedene Arten von Exklusionszonen, die durch GPS-Punkte in ihrer Routing-Software angezeigt werden. Diese Zonen sind für den Schiffsverkehr im Nordatlantik bekannt und umfassen etwa die Ushant-Schifffahrtsroute an der Spitze der Bretagne oder das Kap Finisterre im Nordwesten Spaniens. Insgesamt gibt es sechs solche Exklusionszonen für die Imocas auf der Strecke, sowie eine Ölplattform-Zone vor der Küste Brasiliens.
Neu sind die Zonen zum Schutz der Biodiversität. Um Kollisionen mit Booten zu minimieren, wurden zwei Zonen auf der Strecke als unzugänglich markiert, da sie eine wichtige Rolle als Migrations- und Brutgebiete für große Wale und andere Meeressäuger spielen, nahe den Azoren und Kap Verde.
Die Eiszone oder Antarktische Exklusionszone umgibt den Südpol, um zu verhindern, dass die Teilnehmer eine kürzere Route wählen, die das Risiko birgt, mit treibendem Packeis, Eisbergen oder Growlern – kleinen Eisstücken, die im Wasser treiben – zu kollidieren. Diese Zone wird ständig von Satelliten überwacht, um Bewegungen von Packeis und kalbenden Eisbergen zu identifizieren. Die Zone kann sich ändern, wenn das Renndirektorium über treibendes Eis auf der Strecke informiert wird.
Die Verfolger befinden sich weiter nördlich und möglicherweise in einer deutlich besseren Position. Kürzlich wählte Yoann Richomme einen scheinbar ungewöhnlichen Kurs, der sich auszahlen könnte. “Richomme hat einen gewagten Zug gemacht und einfach nach Nordwesten gedreht. Er segelte im Grunde genommen zurück, um sich besser zu positionieren. Er hat investiert, um das dramatische Tief zu meiden”, erläuterte Kröger diese Taktik. Boris Herrmanns ehemaliger Navigator Nicolas Lunven verhielt sich ähnlich (Kröger: “Ein cleverer Typ”).
Und wie steht es um Herrmann? “Er muss kämpfen. Aber es ist ein Marathon, und es gibt noch viele Möglichkeiten”, bewertet Kröger die Situation des Oldenburgers: “Nur 30 Prozent des Rennens sind gesegelt, und er hat bereits einige Meilen gut gemacht. Für Boris ist es noch nicht vorbei.”
Es wird jedoch auch davon abhängen, wie stabil sein Boot ist – insbesondere nach der jüngsten Reparatur. “Das war nicht einfach, aber es ist auch nicht das Ende der Geschichte”, sagte Kröger mit vorsichtiger Optimismus.
Die Vendée Globe ist das härteste Solo-Rennen der Welt. Alle Informationen über das Rundfahrt-Event mit Hamburgs Boris Herrmann.