Öcalan’s Landmark Statement Raises Unanswered Questions

A surprising proposal from nationalist leader Devlet Bahceli suggests the release of Abdullah Öcalan, the imprisoned head of the PKK, contingent on the group’s disarmament. This development raises hopes for peace after decades of conflict, but uncertainties remain about the Turkish government’s commitments to Kurdish rights. The gesture may be tactical, as Erdogan’s administration has recently dismissed pro-Kurdish mayors and seeks to integrate Syrian Kurdish forces into the army. The potential for genuine equality for Kurds remains doubtful.

Überraschende Wende in der kurdischen Frage

Für viele Menschen in der Türkei kam es überraschend, als der nationalistische Führer Devlet Bahceli im Oktober vorschlug, Abdullah Öcalan, den seit über 25 Jahren inhaftierten Kopf der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), freizulassen – vorausgesetzt, seine Organisation verzichtet auf Gewalt und löst sich auf. Bahceli, der als Koalitionspartner von Präsident Recep Tayyip Erdogan stets gegen Friedensverhandlungen mit den PKK-Rebellen war, forderte nun eine Annäherung an die Guerrillakämpfer, die nicht nur in der Türkei, sondern auch in der EU als terroristische Organisation eingestuft werden.

Hoffnung auf Demokratie und Gleichheit

Die Wende markierte den Anfang einer Entwicklung, die am Donnerstag in Öcalans historischer Ankündigung mündete, die Waffen niederzulegen und die PKK aufzulösen. Ein bewaffneter Konflikt von 40 Jahren mit über 40.000 Toten könnte somit ein Ende finden; friedlichere Zeiten könnten in der Türkei und ihrer Nachbarschaft anbrechen. Doch bleibt unklar, was die Regierung in Ankara den Kurden für die Waffenruhe versprochen hat – oder welche Forderungen die Türkei im Gegenzug für die erwartete Freilassung Öcalans erhebt.

Seit Jahrzehnten fordern die Kurden in der Türkei – etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung – mehr politische Rechte und kulturelle Gleichheit. Diese Forderung geht nicht nur von der PKK mit ihren mehreren zehntausend Kämpfern und Unterstützern aus. Rund 15 Millionen Menschen in der Türkei haben kurdische Wurzeln, denen lange das Recht verwehrt wurde, ihre Sprache zu sprechen, und die Diskriminierung ausgesetzt waren. Sie, wie auch andere Minderheiten in der Türkei, hoffen auf eine Demokratisierung und die Etablierung von Rechtsstaatlichkeit – kurz gesagt: dass die Versprechen, mit denen Erdogan vor 25 Jahren Wahlkampf machte, Realität werden.

Die sich abzeichnende Entspannung in der kurdischen Frage scheint ein Schritt in diese Richtung zu sein. Dennoch ist die Hoffnung auf Demokratisierung in der Türkei verfrüht. Der Zeitpunkt der Annäherung an die Kurden ist kein Zufall. 2023 wurde Erdogan zum dritten Mal in Folge zum Präsidenten gewählt. Um für eine vierte Amtszeit antreten zu können, müsste die Verfassung geändert werden. Allerdings fehlt Erdogans Koalition die Mehrheit dafür. Vieles deutet darauf hin, dass die Annäherung an die Kurden keine strategische Neuausrichtung, sondern eher eine taktische Kalkulation ist.

Erdogan scheint nur begrenzt an echter Gleichheit für die Kurden interessiert zu sein. In den letzten Monaten hat die Regierung im Südosten der Türkei, dem Kernland der kurdischen Minderheit, mehrere Bürgermeister der pro-kurdischen DEM-Partei abgesetzt und durch Gouverneure ersetzt. Ihnen wurde vorgeworfen, Verbindungen zu terroristischen Organisationen zu haben. Es gibt wenig Hinweise darauf, dass diese Praxis bald der Vergangenheit angehören wird.

Die türkische Regierung hat ihre Hand zu einem Zeitpunkt ausgestreckt, als die Kurden selbst in Syrien als geschwächt gelten. Dort unterstützt Erdogan den islamistischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Sharaa, ehemals bekannt als Abu Mohammed al-Julani. Er fordert, dass die Milizen der syrischen Kurden ihre Waffen niederlegen und sich in die syrische Armee integrieren – ein Szenario, das die Kurden bisher abgelehnt haben.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Öcalan und seine Unterstützer die ausgestreckte Hand der Regierung ergreifen – vermutlich in der Hoffnung, dass dies den Kurden in Zukunft mehr Rechte einräumt. Das Problem dabei ist, dass genau diese Entwicklung zur Festigung von Erdogans repressiver Herrschaft führen könnte: Wenn die kurdischen Abgeordneten aus Dankbarkeit für die Konfliktlösung einer Verfassungsänderung zustimmen – und damit Erdogan den Weg für eine weitere Amtszeit ebnen. Vielleicht ist das der Preis, den das Land für eine friedlichere Zukunft zahlen muss.

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