The Gulf Stream system, crucial for Europe’s climate, faces potential weakening due to global warming, though a complete collapse is considered unlikely. Recent research using 34 climate models suggests that while rising temperatures and freshwater influx in the North Atlantic threaten the system, strong winds in the Southern Hemisphere may help maintain it. The study emphasizes the importance of understanding ocean interactions and highlights that while weakening is probable, a total breakdown remains unexpected.
Das Golfstromsystem, das als zentrale Heizungsquelle für Europa fungiert und das Klima der Erde beeinflusst, trägt viele alternative Bezeichnungen, die seiner bedeutenden klimatischen Rolle gerecht werden. Seit Jahrzehnten sind Klimaforscher besorgt, dass der massive Kreislauf, zu dem auch der Golfstrom gehört, durch die globale Erwärmung geschwächt werden könnte.
Ein völliger Kollaps im Laufe des 21. Jahrhunderts ist zwar nicht ausgeschlossen, wird jedoch laut dem UN-Klimagremium als unwahrscheinlich erachtet.
Bislang war unklar, welche Faktoren dazu beitragen, dass das atlantische Zirkulationssystem im 21. Jahrhundert nicht vollständig zusammenbricht. Klimaforscher aus England haben nun diese Frage mithilfe von 34 Klimamodellen untersucht. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind in der wissenschaftlichen Zeitschrift “Nature” veröffentlicht: Die Antwort liegt im Wind der Südhalbkugel.
Sinken im Norden, Steigen im Süden
Der Erklärungsansatz beginnt in der Nordhalbkugel: Die atlantische Zirkulation ist gekennzeichnet durch große Wassermassen, die ständig im nördlichen Teil des Ozeans absinken. Dort ist das Wasser relativ salzig und kalt, was dazu führt, dass die Dichte des Wassers – also das Gewicht pro Volumeneinheit – an der Oberfläche so hoch ist, dass das Wasser absinken muss.
Durch den Klimawandel steigen jedoch die Wassertemperaturen im Nordatlantik, und der Salzgehalt des Wassers nimmt ab. Diese Entwicklungen machen das Wasser leichter, weshalb Wissenschaftler annehmen, dass das Golfstromsystem im 21. Jahrhundert geschwächt wird.
Jedoch gibt es eine Gegenkraft in der Südhalbkugel, und zwar den Wind rund um die Antarktis. Dieser Wind zieht Wasser aus den Tiefen an die Oberfläche des Ozeans, erklärt Jonathan Baker, der Hauptautor der Studie vom Met Office Hadley Centre in Exeter.
Klimawandel kann diesen Wind nicht schädigen – im Gegenteil, es wird sogar angenommen, dass er stärker wird, da der Temperaturunterschied zwischen dem kalten Antarktis und der wärmeren Umgebung zunimmt. Diese starke Pumpe wird auch in Zukunft die atlantische Zirkulation aufrechterhalten, sagt Baker. Das einfache Prinzip dahinter: Wenn Wasser an einem Punkt der Weltmeere an die Oberfläche gelangt, muss an einem anderen Punkt Wasser absinken, was bevorzugt im Nordatlantik geschieht.
Simulationen unter extremen Bedingungen
Das Team von Baker untersuchte all diese Prozesse mithilfe von 34 Klimamodellen. Die Forscher vom Met Office in Exeter und der Universität in derselben Stadt führten Simulationen des Klimas unter extremen Bedingungen durch: einmal mit einer Atmosphäre, die mehr als dreimal so viel CO2 wie heute enthält, und einmal mit einem exorbitant hohen Süßwasserzufluss in den Nordatlantik – schließlich wird aufgrund der Erwärmung mit einem Anstieg des Schmelzwassers im Meer gerechnet.
Diese Bedingungen sind zwar nicht realistisch, sollen jedoch auch nicht zur Vorhersage dienen. Vielmehr zielen die Autoren darauf ab, die Reaktion der atlantischen Zirkulation auf den Klimawandel und die damit verbundenen Risiken besser zu verstehen.
Die hohe CO2-Konzentration oder der Süßwasserzufluss führten in vielen Modellen zu einer signifikanten Schwächung des Golfstromsystems – um bis zu 50 Prozent oder mehr. Dennoch erlebte keines der Klimamodelle einen vollständigen Kollaps der Zirkulation, was laut den Autoren auf den Wind rund um die Antarktis zurückzuführen ist.
“Wichtiger Beitrag zur Diskussion über Stabilität”
Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie, der nicht an der Studie beteiligt war, lobt die Arbeit: Um zu verstehen, welcher Mechanismus das Golfstromsystem stabilisiert, muss man tatsächlich das Zusammenspiel der Ozeane untersuchen. Arne Biastoch vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel (Geomar) erachtet die Studie ebenfalls als wertvoll. Er sagt, es sei ein sehr wichtiger Beitrag zur Diskussion über die Stabilität des Golfstromsystems. Alle führenden Klimamodelle weltweit wurden einbezogen.
Im Wesentlichen bestätigt Bakers Studie, was viele Experten seit Jahren betonen: Man muss damit rechnen, dass das Golfstromsystem in den kommenden Jahrzehnten geschwächt wird. Ein vollständiger Kollaps wäre jedoch überraschend. Die Studie deutet auch auf die unwahrscheinliche Möglichkeit eines Zusammenbruchs hin: Wenn in Zukunft Wasser im Pazifik absinkt, könnte es denkbar sein, dass das Absinken im Nordatlantik letztendlich vollständig stoppt.
Selbst eine Schwächung des Golfstromsystems hätte enorme Konsequenzen für Europa: So würden beispielsweise die Meeresspiegel an den Küsten schneller steigen als bisher und der Niederschlag könnte abnehmen. Andererseits würde die Erwärmung in Europa gemildert, da die Zirkulation derzeit viel Wärme aus den Tropen nach Norden transportiert, und dieser Erwärmungseffekt würde dann verringert.
Medienberichte neigen oft dazu, die Ergebnisse von Studien zum Golfstromsystem zu dramatisieren. In den letzten zwei Jahren gab es mehrere aufsehenerregende Studien, die Beweise für einen angeblich bevorstehenden Kollaps der Zirkulation präsentierten. Die neue Studie könnte oberflächlich betrachtet als Grund zur Beruhigung angesehen werden. Beide Interpretationen sind jedoch irreführend.
Bei näherer Betrachtung hat sich die Art und Weise, wie Forscher das Schicksal der atlantischen Zirkulation bewerten, in den letzten Jahren weit weniger verändert, als es die Schlagzeilen vermuten lassen.