António Costa, the new President of the EU Council, aims to adopt a distinct leadership style, contrasting sharply with his predecessor, Charles Michel. Known for his humility and ability to foster dialogue, Costa faces significant challenges, including enhancing competitiveness, boosting defense capabilities, and addressing illegal migration. His proactive approach is evident from his commitment to military support for Ukraine. Despite initial praise, some express skepticism about his willingness to embrace necessary reforms during his tenure.
António Costa: Ein neuer Führungsstil für den EU-Rat
Es ist oft angenehm, wenn die Fußstapfen des Vorgängers klein sind, denn es bleibt viel Raum für Verbesserungen. António Costa, der seit dem 1. Dezember als Präsident des EU-Rates fungiert, befindet sich in dieser erfreulichen Lage. Seine Aufgabenbeschreibung klingt beeindruckend übersichtlich: Er leitet die Gipfeltreffen des Europäischen Rates, an denen die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder teilnehmen, und gibt “Impulse für die Arbeit” des Rates. Im Anschluss verfasst er einen Bericht für das EU-Parlament und vertritt die Union bei internationalen Treffen.
Die Tatsache, dass eines der höchsten Ämter innerhalb der EU-Institutionen, das erst seit 2009 existiert, nur vage definiert ist, geschieht nicht zufällig. Es wird bewusst Raum gelassen für die Persönlichkeit des Amtsinhabers – bis jetzt waren das alles Männer. Ein guter Ratspräsident ist auch ein guter Menschenkenner: Er schafft es, die 27 nationalen Führer, die oft sehr unterschiedliche politische Ansichten vertreten und überdurchschnittliche Egos besitzen, zu einer gemeinsamen Position zu bringen, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Schließlich entscheidet der EU-Rat, dem Costa am 19. Dezember zum ersten Mal vorsitzen wird, in der Regel einstimmig.
Ein Wechsel der Führungsstile
“Sofagate” soll nicht wieder vorkommen. Diese Sensibilität hat Costa’s Vorgänger, Charles Michel, oft gefehlt. In Brüssel vermisst ihn niemand, egal mit wem man spricht. Obwohl der EU-Rat während seiner fünfjährigen Amtszeit handlungsfähig war und weitreichende Entscheidungen während der Covid-Pandemie traf, geschah dies nicht primär wegen Michel, sondern trotz ihm. Sein ungeschicktes Auftreten und das übermäßige Streben nach Anerkennung hinterließen einen negativen Eindruck.
Im Gegensatz dazu wird Costa, der Wurzeln in Indien und Mosambik hat, als bescheiden wahrgenommen. Der 63-Jährige verfügt über eine “außergewöhnliche Fähigkeit, einen Dialog über politische Gräben hinweg zu führen”, sagt der portugiesische EU-Abgeordnete Francisco Assis. Costa, der oft lächelt und von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa als “chronischer Optimist” bezeichnet wird, zeigt seinen iberischen Charme offen. Die Bilder von ihm, wie er am zweiten Tag seines Amtsantritts durch einen Park in Brüssel mit von der Leyen und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola spaziert, könnten fast aus einer Telenovela stammen.
Doch auch wenn Costa für seine entspannte Art bekannt ist, hat er in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass er seine gewinnende Art strategisch einsetzen kann. Zu Beginn seiner politischen Karriere inszenierte er ein Rennen, um zu verdeutlichen, dass seine Vorstadtgemeinde dringend eine U-Bahn-Verbindung nach Lissabon benötigte. Ein Ferrari und ein Esel wurden während der Stoßzeiten auf die Strecke geschickt, wobei der Esel natürlich das Rennen gewann – Costa erlangte damit landesweite Berühmtheit.
Obwohl er 2015 zum Ministerpräsidenten aufstieg, wurde ihm Opportunismus vorgeworfen, da er sich mit linksgerichteten Parteien verbündete, die in den revolutionären Jahren der 1970er Jahre eine umstrittene Rolle gespielt hatten. Trotz der anfänglichen Bedenken, dass Portugal sich weiter vom EU-Kurs entfernen könnte, erlebte das Land in den folgenden Jahren ein “portugiesisches Wirtschaftswunder”.
Die Belohnungen dafür erntete Costa bei den Wahlen 2022, als seine Partei eine absolute Mehrheit gewann. Allerdings endete sein Aufstieg im November 2023, als die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Korruptionsvorwürfen ermittelte – die sich bald als unbegründet herausstellten. Costa trat zurück, obwohl er nichts falsch gemacht hatte. “Ich glaube, dieser Schritt war aus moralischer Empörung”, sagt sein Parteikollege Assis.
Doch es könnte auch sein, dass Costa, der zu diesem Zeitpunkt bereits EU-Abgeordneter war, bereits Brüssel im Blick hatte und die Gelegenheit für einen Wechsel genau zum richtigen Zeitpunkt kam. Die 27 Staats- und Regierungschefs, die Costa im Juni offiziell als Ratspräsidenten bestätigten, hatten ihn von gemeinsamen Gipfeln und von der portugiesischen EU-Präsidentschaft im Jahr 2021 gut gekannt.
Die Kommissionspräsidentin von der Leyen setzte ebenfalls alles daran, ihn ins Amt zu bringen – eine funktionierende Partnerschaft an der Spitze der EU-Institutionen ist von großer Bedeutung. Costa hat sogar den notorischen Widersacher Viktor Orban dazu gebracht, für ihn zu stimmen, obwohl grundlegende politische Differenzen bestehen und Orban andere Kandidaten für Spitzenpositionen ablehnte.
In Anbetracht der Herausforderungen, die vor der Union und Costa liegen, ist es wichtig, dass die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, die Verteidigungsfähigkeiten erhöht und die illegale Migration eingedämmt wird. Und vor allem steht der Krieg in der Ukraine im Raum. Costa zeigte an seinem ersten Arbeitstag, wie wichtig ihm dieses Thema ist: Er reiste nach Kiew und versprach nicht nur militärische Unterstützung, sondern auch baldige Beitrittsverhandlungen.
Dennoch bleibt EU-Abgeordneter Figueiredo skeptisch, trotz der Anerkennung, die Costa zu Beginn seiner Amtszeit erhält. “Europa braucht dringend Reformen, die Mut erfordern. Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident war er eher dafür bekannt, Risiken zu scheuen”, sagt er.
Costa hingegen betrachtet sein zunächst begrenztes Mandat von zweieinhalb Jahren nicht so, insbesondere nicht im Hinblick auf das unbeständige Erbe seines Vorgängers. Die Verantwortung liegt bei den anderen, er muss lediglich sicherstellen, dass alle dasselbe Stück spielen. Wenn ihm das gelingt, hat er bereits viel erreicht.