A constitutional amendment is necessary for the planned financial package by the Union and SPD, requiring a two-thirds majority in the Bundestag. Proposed changes include exempting defense spending beyond 1% of GDP from debt limits and creating a €500 billion infrastructure fund. The old Bundestag may decide on these amendments, but legal challenges from the Left party are anticipated. Most legal experts assert the old Bundestag remains fully competent until the new assembly convenes.
Geplantes Finanzpaket: Eine Grundgesetzänderung steht bevor
Für das geplante Finanzpaket von Union und SPD ist eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich – und zwar durch den Bundestag in seiner aktuellen Zusammensetzung. Was sagen Verfassungsrechtler zu den Vorhaben?
Union und SPD haben während ihrer Sondierungsgespräche weitreichende Vereinbarungen getroffen: Alle Verteidigungsausgaben, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, sollen von den Beschränkungen der Schuldenbremse ausgenommen werden. Zudem ist ein kreditfinanzierter Sonderfonds in Höhe von 500 Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur geplant. Die Schuldenbremse soll zugunsten der Bundesländer gelockert werden.
Für diese Pläne wären verschiedene Änderungen des Grundgesetzes notwendig, die eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat erfordern. Die AfD und die Linke halten zusammen mehr als ein Drittel der Sitze im neu gewählten Bundestag und verfügen somit über eine sogenannte Blockade-Minderheit.
Juristische Herausforderungen und Kompetenzen des alten Bundestages
Daher könnten Union und SPD die Pläne im neuen Bundestag nur mit den Stimmen der Linken oder der AfD umsetzen. Dies könnte problematisch werden. Aus diesem Grund soll der Bundestag in seiner alten Zusammensetzung über die Änderungen des Grundgesetzes entscheiden. Da die FDP die Pläne von Union und SPD ablehnt, müssten die Grünen zustimmen.
Es stellen sich mehrere Fragen: Ist der alte Bundestag noch handlungsfähig? Die Linke hat bereits angedeutet, dass sie gegen Entscheidungen des alten Bundestages klagen könnte. Wie stehen die Erfolgsaussichten? Sind die Pläne von Union und SPD verfassungsrechtlich zulässig?
Die Amtszeit des Bundestages dauert bis zur konstituierenden Sitzung des neu gewählten Parlaments, die spätestens am 30. Tag nach der Bundestagswahl stattfinden muss. Dies ist im Grundgesetz festgelegt. In diesem Fall wäre das spätestens am 25. März. Die amtierende Bundestagspräsidentin Bärbel Bas von der SPD lädt zu dieser Sitzung ein.
Allerdings kann sie auch den alten Bundestag erneut einberufen. Dabei würden sich die Mitglieder des bisherigen Bundestages treffen. Der alte Bundestag ist also nicht nur vorübergehend oder ‘handlungsfähig’ im Amt bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments.
Hans-Detlef Horn, Professor für Rechtswissenschaft an der Universität Marburg, stellt klar: „Es gibt kein parlamentarisches Vakuum. Die Formulierung des Grundgesetzes ist in Artikel 39 eindeutig und lässt keinen Raum für Interpretationen.“ Dies bedeutet, dass der alte Bundestag weiterhin voll handlungsfähig ist.
Die Union und SPD haben erste Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche präsentiert. Professor Kyrill-Alexander Schwarz aus Würzburg sieht dies jedoch anders. Er warnt, dass der alte Bundestag dem neuen keine vollendeten Tatsachen präsentieren darf. „Wenn der aktuelle Bundestag Maßnahmen wie ein dreistelliges milliardenschweres Paket ergreift, dann schafft er eine bindende Wirkung für ein später gewähltes Parlament“, sagt er.
Allerdings ist Schwarz mit seiner Meinung in der Minderheit. Die meisten Juristen sind der Ansicht, dass der aktuelle Bundestag weiterhin voll kompetent und legitimiert ist. So auch der Heidelberger Verfassungsrechtler Hanno Kube, der betont: „Der Bundestag hat bis zu seiner letzten Sitzung alle Kompetenzen, einschließlich der Kompetenz für Grundgesetzänderungen.“
Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Udo di Fabio, kommt zu einem ähnlichen Schluss. Solange der neue Bundestag nicht konstituiert ist, bleibt der alte voll handlungsfähig, auch in Bezug auf Grundgesetzänderungen.
Die Linke hat bereits mit einer Klage gegen die Maßnahmen von Union und SPD gedroht und prüft, ob sie klagen wird, wenn eine Entscheidung durch den aktuellen Bundestag getroffen wird. Die Erfolgsaussichten sind jedoch fraglich. Unklar ist auch, ob der Vorstoß der Linken vor dem Bundesverfassungsgericht überhaupt zulässig wäre.
Eine mögliche Option wäre eine Normenkontrollklage, wobei die Linke, zusammen mit der AfD und möglicherweise Vertretern des BSW, einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen könnte. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten den Antrag einreicht, was der Linken und der AfD derzeit nicht möglich ist.
Eine andere Möglichkeit könnte ein Organstreitverfahren sein, bei dem die Linke argumentieren müsste, dass ihre Rechte als Mitglieder oder Fraktion durch eine Entscheidung des Bundestages verletzt wurden. Doch ein Antrag zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesentscheidung wäre in diesem Zusammenhang unzulässig, so Kube.
Die Frage bleibt, ob die Schaffung eines Sonderfonds und die Pläne für zukünftige Verteidigungsausgaben verfassungsrechtlich zulässig sind. Hanno Kube, Experte für Finanzverfassungsrecht, hält die Pläne für grundgesetzkonform. „Im Grunde ist all dies möglich und mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen für Änderungen kompatibel“, erklärt er.
Es ist jedoch interessant zu bemerken, dass Ökonomen kritisiert haben, dass die neuen Schulden zu enormen Zinszahlungen für den Bund führen könnten, was die Handlungsspielräume zukünftiger Gesetzgeber erheblich einschränken könnte. Dennoch glaubt Kube, dass die Pläne im verfassungsrechtlich unbedenklichen Rahmen bleiben. „Erst wenn die Zinslasten so erdrückend werden, dass kein Handlungsspielraum mehr besteht, würde eine Grenze überschritten“, so Kube. „Aber davon sind wir noch weit entfernt.“