The emotional connection to department stores is explored through personal anecdotes and historical context. These retail spaces, which revolutionized shopping in the 19th century, served as cultural hubs, especially for women seeking independence. Despite their decline due to economic pressures and online shopping, department stores like Loeb and Jelmoli represent a blend of nostalgia and social interaction. As traditional models face liquidation, the essence of these stores remains rooted in sensory experiences and community engagement, reflecting broader societal changes.
Als ich zum ersten Mal ein Kaufhaus betrat, war das ein emotionales Erlebnis für mich. Ich war gerade einmal sechs Monate alt und schrie wie verrückt. So erinnert sich meine Mutter: “Ich dachte, dir würde es gefallen, es gibt so viel zu entdecken.” Erst als sie mir meinen dicken Schneeanzug auszog, beruhigte ich mich. Ich war ganz verschwitzt. Auch heute ziehe ich in Kaufhäusern als Erstes meine Jacke auf, sobald die warme Luft beim Betreten in mein Gesicht strömt.
Die meisten von uns haben sicherlich eine Anekdote aus einem Kaufhausbesuch auf Lager. Das erklärt auch die leidenschaftlichen Diskussionen über den Rückgang dieser Konsumtempel. Kaufhäuser sind Teil unserer Geschichte, gehören zu unserer konsumorientierten Erziehung, sind Teil des urbanen Daseins und ein Nebenprodukt des ständigen Fortschritts. Ihr Verschwinden erfüllt uns mit einem Gefühl der Trauer.
Alles an einem Ort
Im 19. Jahrhundert revolutionierte das Prinzip “Alles unter einem Dach” den Einzelhandel. Festpreise für Massenwaren ersetzten das Feilschen in kleinen Läden.
Ein bekannter Kritiker des aufkommenden Handels war der französische Schriftsteller Émile Zola. “Das Kaufhaus ist ein Monster, ein hungriges Tier, das kleine Händler und Handwerker verschlingt,” schrieb er in seinem Roman “Die Ladies’ Paradise” aus dem Jahr 1883.
Gleichzeitig faszinierte “das Schöne, das Glänzende, die Versuchung und die Macht des Luxus.” Die Schweiz blickte nach Paris und Berlin. Dort förderten die Kaufhäuser “Le Bon Marché” (1852) und “Wertheim” (1885) einen opulenten und dennoch stilvollen Lebensstil.
In einem Brief klagte die junge Millionenerbin Lydia Escher (1858-1891), Tochter des Gotthard-Königs und Politikers Alfred Escher, über das damals noch schläfrige und bürgerliche Zürich. “Sie war schrecklich gelangweilt, weil es keine Einkaufsmöglichkeiten gab, um sich schick zu machen,” sagt die Kulturwissenschaftlerin Angela Bhend.
Wo heute das Luxus-Kaufhaus “Globus” und das weiterhin bestehende “Jelmoli” die Bahnhofstrasse Zürichs in urbane Zentren unterteilen, floss früher ein stinkender Stadtgraben. “Die Schweiz war in Bezug auf die städtische Struktur noch nicht bereit,” erklärt Bhend, die Kaufhäuser erforscht hat.
Schweizer Kaufhaus-Pioniere
Doch die einwandernden jüdischen Kaufleute waren bereit. Sie wussten, wie man Handel treibt, da es oft das Einzige war, was ihnen über Jahrhunderte blieb. “Die jüdische Bevölkerung war gezwungen, ständig in Bewegung zu sein und baute Know-how und Netzwerke auf,” sagt Angela Bhend.
Der jüdische Unternehmer Julius Brann gründete 1896 das erste Schweizer Kaufhaus in Zürich. 1939 verkaufte er es unter dem Druck seiner bevorstehenden Flucht in die USA weit unter Wert. Das Gleiche erlebte der jüdische Eigentümer von Jelmoli, der, nachdem seine Kinder von den Nazis verhaftet wurden, ein Lösegeld bezahlte und hastig seine Mehrheit an den Verlag Ringier abtrat.
Ab 1933 gerieten Kaufhäuser zunehmend unter Beschuss: Die Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und eine rechtspopulistische Bürgerbewegung führten zu einem Gesetz, das weitere Kaufhäuser verbot und gleichzeitig den Antisemitismus anheizte, erzählt Bhend.
Damals wurden Kaufhäuser zu einem Projektionsfeld für soziale Veränderungen. Heute bedroht jedoch der Online-Handel das Kaufhaus. Oft ist es so: Wenn die Umsätze sinken, beginnt die Suche nach einem Sündenbock.
Versuchung und Freiheit
Dennoch ist das Kaufhaus weitaus mehr als nur eine spekulative Immobilie und ein von der Rezession geprägter Warenumschlagplatz.
Während Zola kritisierte, dass die “blendende Macht” der Kaufhäuser Frauen in den Konsum verführte, hebt Angela Bhend auch die Errungenschaften dieses halböffentlichen Raums hervor: “Frauen konnten unbegleitet dorthin gehen, sich präsentieren und sogar ein Tête-à-Tête mit einem Mann haben.”
Tatsächlich schien die soziale Schicht im Kaufhaus irrelevant zu sein. Das Betreten des Hauses, das Berühren der Waren – das durfte jeder.
Heute liegt der Fokus auf Spezialisierung. Unter dem Slogan “Savoir Vivre” orientiert sich Globus an französischen Luxus-Kaufhäusern. Coop City möchte ein Kaufhaus für alle sein, Manor zielt darauf ab, einen “besonderen Alltag” zu bieten. Doch am Ende sind die kühleren und günstigeren Optionen nur einen Klick entfernt. Im Online-Handel findet jeder etwas.
Die sinnliche Erfahrung zwischen Einkaufseuphorie, Dekorparadies und sozialen Begegnungen bleibt jedoch das Alleinstellungsmerkmal des Kaufhauses. Dafür strömen die Menschen aus allen Richtungen in die Stadt.
“Ein riesiges Glasdach ließ das Licht auf die Waren strömen, als wäre es eine Kathedrale des Handels,” beschrieb Zola die heilige Atmosphäre der ehemaligen Lichthöhlen in Kaufhäusern.
So wie Modeschauen, Konzerte, Lesungen, aber auch Erfrischungsräume und Bibliotheken einst die Kultur den Menschen näherbrachten, wollen Kaufhäuser heute laut Bhend wieder eine Quelle der Inspiration und Erfahrung sein.
Familienunternehmen vs. Liquidation
Mitte November im Loeb in Bern: eine grünlich-graue Sandsteinfassade mit strengen Arkaden – ganz im Zeichen des alten bernischen Stadtbildes. Ein Familienunternehmen, das erfolgreich Bestand hat.
Ich möchte neue Bettwäsche kaufen. In der Damenabteilung bedient ein Mann lautstark ein Flipper-Spiel. Ich passiere einen Kosmetiksalon und eine Eventküche. “Talking in your Sleep” von der Rockband “The Romantics” spielt aus den Lautsprechern. Dann stehe ich vor einem Schlitten des Weihnachtsmanns, vollgestopft mit Weihnachtsgrün. Kinder sind eingeladen zu einer kurzen Rodeo-Tour.
Auch Mitte November bei Jelmoli in Zürich: Für die Immobilienfirma Swiss Prime Site ist das Geschäft nicht mehr rentabel. Im Februar wird das traditionelle Haus schließen. 850 Mitarbeiter sind betroffen. Dank Denkmalschutz bleibt die ikonische Glas-Stahl-Hülle erhalten. Die Liquidation hat allmählich begonnen.